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Tipps zum BEM-Gespräch: Darauf sollten Sie als Arbeitnehmer:in achten

von Laura Einnolf – 15. August 2021

Vielleicht geht es Ihnen wie vielen anderen Arbeitnehmer:innen in Deutschland: Sie wissen gar nicht, dass es in Ihrem Unternehmen ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) gibt.

Darum sind Sie verunsichert, dass Sie nach längerer Arbeitsunfähigkeit zu einem BEM-Gespräch eingeladen werden. Wie sollen Sie darauf reagieren? Geht es um die Kündigung? Wie bereiten Sie sich vor? Was dürfen Sie im BEM-Gespräch sagen?

Verständlich, aber kein Grund zur Sorge. Nach diesem Magazin-Beitrag wissen Sie, wie Sie sich als Mitarbeiter:in strukturiert auf Ihr BEM-Gespräch vorbereiten, wie Sie sich im Termin verhalten – und warum Sie die Chance nutzen sollten.


Inhaltsverzeichnis:

  1. Was ist das BEM-Gespräch?
  2. Freiwilligkeit – BEM-Gespräch ablehnen
  3. Wie läuft das BEM-Gespräch ab?
  4. Digitale BEM-Akte
  5. 6 Tipps zur Vorbereitung

Was ist das BEM-Gespräch?

Kurz zum Hintergrund: Wenn Sie als Arbeitnehmer:in innerhalb von zwölf Monaten länger als sechs Wochen arbeitsunfähig sind, muss Ihr Unternehmen Ihnen ein Angebot im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements machen. Dazu sind Arbeitgeber:innen in Deutschland gesetzlich verpflichtet.

Dieses Betriebliche Eingliederungsmanagement beginnt mit dem BEM-Gespräch, das Sie in der Regel mit einer BEM-verantwortlichen Person Ihres Unternehmens führen. Sie ergründen gemeinsam die Ursachen Ihrer Arbeitsunfähigkeit und besprechen sinnvolle Maßnahmen. Ziel ist es, Sie wieder am Arbeitsplatz zu integrieren und erneute Ausfälle zu vermeiden.

Gut zu wissen: 
Das BEM-Gespräch ist keine Schikane von Arbeitgeber:innen, sondern eine rechtliche Vorgabe nach Sozialgesetzbuch (§167 SGB IX). Für Sie als Mitarbeiter:in ist es die Chance, Ihre zukünftigen Arbeitsbedingungen aktiv mitzugestalten.

Als Arbeitnehmer:in können Sie das BEM-Gespräch ablehnen

Tatsächlich ist das BEM-Gespräch für Sie als Mitarbeiter:in freiwillig. Es gibt keine rechtliche Verpflichtung. Wenn Sie das Gespräch nicht wollen, können Sie es verweigern. Und Sie haben noch weitere Rechte:

  • Sie müssen über alle beteiligten Personen informiert werden.
  • Sie dürfen eine Vertrauensperson zum BEM-Gespräch einladen.
  • Sie können, müssen aber nichts zu Ihren gesundheitlichen Umständen sagen.
  • Sie dürfen eigene Maßnahmen einbringen und Vorschläge ablehnen.
  • Sie können Auskunft über alle gespeicherten Daten zu Ihrem BEM-Vorgang verlangen.
  • Sie dürfen Einsicht in Ihre digitale BEM-Akte einfordern (dazu später mehr).
  • Ist ein Betriebsarzt eingebunden, gilt die ärztliche Schweigepflicht, die nur Sie aufheben können.

Bevor wir uns gleich gemeinsam den Ablauf eines BEM-Gesprächs anschauen, noch ein Hinweis: Das Gespräch ist für Sie als Mitarbeiter:in zwar freiwillig. Bevor Sie es absagen, sollten Sie sich trotzdem berufliche Konsequenzen bewusst machen.

Bereitschaft zum Gespräch zeigt Arbeitgeber:innen, dass Sie als Mitarbeiter:in interessiert, engagiert und motiviert sind. Bereit, gemeinsam Lösungen zu finden. Sagen Sie ab, könnte das in die andere Richtung wirken.

Wie läuft das BEM-Gespräch ab?

In der Regel bekommen Sie eine Einladung zum Erstgespräch. Persönlich, schriftlich oder telefonisch. Zusätzlich zu Ihnen und der BEM-verantwortlichen Person können weitere Beteiligte eingebunden werden, unter anderem Betriebsarzt, Betriebsrat oder Schwerbehindertenvertretung. Nehmen Sie das Angebot an, läuft das klassische BEM-Gespräch in vier Phasen ab:

Einstieg

Die BEM-verantwortliche Person erklärt Ihnen den Ablauf, die Inhalte und die Ziele des Gesprächs. Außerdem werden Sie darauf hingewiesen, dass von Ihrer Seite aus alles freiwillig passiert. Und Sie werden darüber informiert, was mit Ihren Daten im Rahmen des BEM-Vorgangs passiert.

Ursachen Ihrer Arbeitsunfähigkeit erforschen

Anschließend ergründen Sie gemeinsam mit allen Beteiligten die Ursachen Ihrer langen Fehlzeiten. Gesundheitliche Probleme, Überlastung, Konflikte im Team, persönliche Schwierigkeiten …

Sie sind zu keinen konkreten Details verpflichtet, aber: Je offener, genauer und ehrlicher Sie die Gründe benennen, desto sinnvoller kann Ihr Unternehmen Sie gesundheitlich unterstützen.

Sinnvolle Eingliederungsmaßnahmen überlegen

Grundsätzlich sind viele Maßnahmen möglich, aber nicht alle sinnvoll für Ihre Genesung und Gesundheit. Hier müssen ärztliche Empfehlungen berücksichtigt werden und Ihre eigenen Vorschläge als Arbeitnehmer:in. Schließlich wissen und fühlen Sie am besten, was Sie leisten können. Übliche Maßnahmen sind:

  • Ergonomische Anpassung am Arbeitsplatz
  • Kur oder Reha
  • Stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell
  • Verkürzte Arbeitszeiten
  • Physiotherapie
  • Psychologische Beratung
  • Position oder Abteilung wechseln

Passende Maßnahmen hängen auch von Ihrem Arbeitsplatz ab. Und selbstverständlich davon, wo Ihr Arbeitgeber oder Ihre Arbeitgeberin Ihre Fähigkeiten braucht.

Übrigens: Ein BEM-Gespräch kann auch ohne Maßnahmen enden. Zum Beispiel, wenn Sie sich den Arm gebrochen haben, länger arbeitsunfähig waren und nun genesen zurück an Ihre Arbeit gehen.

Ziele vereinbaren

Am Ende Ihres BEM-Gesprächs werden die Maßnahmen festgehalten, für die sich alle Beteiligten entscheiden. Außerdem werden Ziele, die nächsten Schritte und Nachfolgetermine protokolliert. Diese Zielvereinbarung sichert Sie und andere Beteiligte ab. Sie schafft Verbindlichkeit. Ein klares Zeichen, dass Ihre Gesundheit und Genesung allen wichtig ist.

Alles sicher gespeichert: Ihre digitale BEM-Akte

Die digitale BEM-Akte ist ein Standard im Betrieblichen Eingliederungsmanagement. Vorausgesetzt, die BEM-Verantwortlichen in Ihrem Unternehmen lassen sich von BEM-Software unterstützen, zum Beispiel von Saneware.

In der Akte ist Ihr kompletter BEM-Vorgang lückenlos dokumentiert und protokolliert – von Beginn bis zum aktuellen Stand. Zudem enthält sie:

  • E-Mails, Briefe und Dokumente, die verschickt wurden
  • Protokolle zu Zielvereinbarung
  • Termine zu Maßnahmenvereinbarung und -kontrolle
  • Persönliche Informationen und ärztliche Gutachten
  • Beschreibung des Arbeitsplatzes
  • Berichten zum Fortschritt

Alles gespeichert an einem Ort, gesichert nach den strengen Regeln der Datenschutz-Verordnung (DSGVO). Zugriff haben nur autorisierte Personen, die an Ihrem BEM-Fall beteiligt sind.

Sie als BEM-Berechtigte:r haben ein Anrecht Einblick in Ihre digitale BEM-Akte zu erhalten.

Wie Sie sehen, kommt in Ihrem BEM-Gespräch einiges auf den Tisch. Je besser Sie sich als Arbeitnehmer:in darauf vorbereiten, desto mehr können Sie mitreden und mitwirken. Das wird Ihren Arbeitgeber oder Ihre Arbeitgeberin freuen, denn es zeigt: Sie sind sich Ihrer gesundheitlichen Situation bewusst und wollen etwas verändern.

Mit diesen 6 Tipps gehen Sie als Arbeitnehmer:in gut vorbereitet in das BEM-Gespräch

Es ist so wichtig, dass wir es wiederholen: Das BEM-Gespräch ist Ihre Chance, Ihren beruflichen Alltag zu verbessern und gesünder zu gestalten. Darum sollten Sie organisatorisch und inhaltlich vorbereitet sein.

  • Tipp 1: Besorgen Sie medizinische Unterlagen. Sammeln Sie alle Atteste, Befunde und ärztliche Gutachten, die Ihre gesundheitliche Situation verständlich machen. Überlegen Sie sich vorher, welche Details Sie im Gespräch teilen möchten und welche nicht.
  • Tipp 2: Sammeln Sie Hinweise, die zur Arbeitsunfähigkeit geführt haben könnten. Notieren Sie eventuelle Überstunden oder besondere berufliche Belastungen. Schauen Sie auch bei sich nach privaten Gründen.
  • Tipp 3: Reflektieren Sie Ihre Situation. Denken Sie darüber nach, welche Themen und Probleme angesprochen werden könnten. Bereiten Sie mögliche Antworten vor.
  • Tipp 4: Informieren Sie sich über Ihre Rechte. Dazu haben wir Ihnen zu Beginn dieses Beitrags Ansätze gegeben. Diese können sich aber von Bundesland zu Bundesland unterscheiden.
  • Tipp 5: Lassen Sie sich rechtlich beraten. Sollten Sie Angst haben, krankheitsbedingt gekündigt zu werden, klären Sie die Situation vorher mit einem/einer Arbeitsrechtler:in.
  • Tipp 6: Überlegen Sie sich Maßnahmen und Lösungen. Denken Sie langfristig und überlegen Sie sich Alternativen, falls Ihre Vorstellungen nicht umsetzbar sind.

Diese Tipps helfen Ihnen, strukturiert und offen in Ihr Gespräch zu gehen. Mit all Ihren Notizen und Informationen können Sie sich konstruktiv einbringen und mitwirken, aber:

Vorbereitung ist die halbe Miete, die andere Hälfte ist Ihr Auftreten im BEM-Gespräch

Sie haben es vielleicht selbst erlebt: Gespräche über die eigene Gesundheit können brisant werden, vor allem im beruflichen Umfeld. Sie bringen Ihr Innerstes nach außen, machen sich angreifbar. Es ist ganz natürlich, dass Sie sich zunächst unsicher fehlen. Womöglich auch verletzlich. Dennoch:

Ein BEM-Gespräch bringt nur sinnvolle Ergebnisse für Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen, wenn es offen und sachlich geführt wird. Dazu ein paar weitere Tipps, mit denen Sie im Gespräch gelassener bleiben:

  • Achten Sie auf Ihre Körpersprache, halten Sie Blickkontakt.
  • Machen Sie sich nicht klein im Stuhl, bleiben Sie aufrecht.
  • Verteidigen Sie sich nicht, wenn Sie sich angegriffen fühlen.
  • Hören Sie aktiv zu, machen Sie sich Notizen, fragen Sie nach.
  • Achten Sie auf Ihre Atmung, um entspannt zu bleiben.

Vor allem denken Sie immer daran – Ihr BEM-Gespräch ist eine gute Sache. Für Ihre Gesundheit und vielleicht sogar für Ihre Karriere. Weil Sie Einsatzbereitschaft signalisieren und neue Aufgaben übernehmen könnten.

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