Hamburger Modell-Stufenplan: Wie Sie einen zielführenden Wiedereingliederungsplan erstellen (Muster)
Das Hamburger Modell heißt fachlich korrekt stufenweise Wiedereingliederung. Eine seit den 1970ern bewährte Maßnahme, mit der Sie als Unternehmen langzeiterkrankte Angestellte unterstützen, an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren.
Zentral dafür ist der Stufenplan, auch Wiedereingliederungsplan genannt. Damit nähern sich Betreffende Schritt für Schritt ihrer früheren Arbeitszeit- und -leistung an – ohne erneut zu erkranken und auszufallen.
In diesem Magazinbeitrag erfahren Sie, warum sich das Hamburger Modell für Arbeitgeber:innen lohnt? Wer den Stufenplan erstellt? Und wie Sie ihn umsetzen. Um es praktisch zu machen, bekommen Sie außerdem ein anschauliches Muster.
Warum lohnt sich das Hamburger Modell für Unternehmen?
Wie Sie sicherlich wissen, müssen Arbeitgeber:innen Maßnahmen zur Wiedereingliederung anbieten, wenn Mitarbeitende längere Zeit ausfallen. Rechtlich regelt das § 74 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V).
Diese Maßnahme im Rahmen Ihres Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) kann das Hamburger Modell sein. So kommen Unternehmen nicht nur ihrer rechtlichen Verpflichtung nach, sondern:
- Die Arbeitnehmer:innen und ihre Expertise bleiben im Unternehmen. Es muss kein Ersatz gesucht werden und schlägt sich nicht auf Ressourcen und Kosten im Recruiting nieder.
- Angestellte bleiben auf dem Laufenden. Sind sie genesen, arbeiten sie nahtlos an aktuellen Themen und Projekten weiter.
- Unternehmen haben keine Lohnkosten, weil die Angestellten zwar mitarbeiten, aber weiterhin krankgeschrieben sind. Die Kosten übernehmen je nach Fall die Leistungsträger Krankenkasse, Rentenkasse oder Unfallkasse.
Dass Mitarbeitende während der stufenweisen Wiedereingliederung krankgeschrieben sind, bedeutet auch: Arbeitgebende dürfen keine Ansprüche an die Leistung und Qualität der Arbeit stellen.
Warum ist der Stufenplan für das Hamburger Modell wichtig?
Der Wiedereingliederungsplan ist das Herz des Hamburger Modells. Er regelt alle Punkte und umfasst:
- Beginn und Ende der Wiedereingliederung
- Dauer der einzelnen Stufen
- Tätigkeit und Einschränkungen pro Stufe
- Anzahl der täglichen Arbeitszeit pro Stufe
- Voraussichtlicher Zeitpunkt der Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit
- Rechte und Gründe für einen Rückzug der Wiedereingliederung
Den individuellen Plan erstellt ein Arzt oder eine Ärztin gemeinsam mit den Angestellten. Und selbstverständlich in Absprache mit den Verantwortlichen im Unternehmen. Das kann die HR-Abteilung sein oder eine Führungskraft oder die Geschäftsführung. Zusätzlich auch jemand aus der Mitarbeitervertretung und Sicherheitsverantwortliche.
Erst wenn Arbeitnehmende, Arbeitgebende und Arzt oder Ärztin einig sind – und der Leistungsträger die Maßnahme bewilligt –, kann die Wiedereingliederung starten und Betreffende können an ihren Arbeitsplatz zurück.
Wissenswert!
Der Wiedereingliederungsplan kann jederzeit beendet oder angepasst werden, abhängig vom Verlauf der Genesung. Er gilt in der Regel als gescheitert, wenn Betreffende sich länger sieben Tage nicht an den Maßnahmen beteiligen.
Bis hier haben Sie erfahren, wie Arbeitgeber:innen von der stufenweisen Wiedereingliederung nach Hamburg Modell profitieren. Und Sie kennen die Rolle des Stufenplans. Jetzt schauen wir uns an, wie Sie das Hamburger Modell nach einem Muster Schritt für Schritt umsetzen.
Wie funktioniert die stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell-Stufenplan?
Das Modell läuft von der Krankmeldung bis zur Genesung nach einem strukturierten Muster ab. Dazu gehören folgende Schritte:
- Fehlzeit feststellen
- Mitarbeitender informieren
- Erstgespräch führen
- Fähigkeiten und Anforderungen abgleichen
- Maßnahmen planen und umsetzen
- Wiedereingliederung beginnen
- Wiedereingliederung abschließen
Die Schritte helfen Arbeitgeber:innen, die Maßnahme nach Hamburger Modell-Stufenplan bestmöglich zu planen und umzusetzen. Je nach Größe Ihres Unternehmens können Sie Schritte zusammenfassen. Oder es gibt unterschiedliche Verantwortliche.
Fehlzeiten feststellen
Die Grundvoraussetzung: Betreffende Angestellte waren in den letzten zwölf Monaten mehr als sechs Wochen am Stück arbeitsunfähig. Nachgewiesen durch Bescheinigungen eines Arztes oder einer Ärztin.
Für Unternehmen heißt das: Sie müssen betreffende Arbeitnehmer:innen informieren und rein rechtlich ein BEM-Angebot unterbreiten.
Mitarbeitende informieren
Die verantwortliche Person des Unternehmens informiert die Angestellten kurz über die Fehlzeiten und die daraus folgenden nächsten Schritte. Außerdem lädt sie zu einem Gespräch ein.
Ob der Kontakt schriftlich oder mündlich erfolgt, bleibt Arbeitgeber:innen überlassen und hängt von den internen Strukturen ab. Schriftlich ist es verbindlicher.
Die Initiative muss nicht zwangsläufig vom Unternehmen kommen. Haben Mitarbeitende schon mit ihrem behandelnden Arzt gesprochen und Ideen entwickelt, können sie selbst um einen Termin bitten.
Erstgespräch führen
Das erste Gespräch hat zwei Ziele: Die Mitarbeitenden und die Verantwortlichen seitens des Unternehmens klären den Stand der Dinge. Und es werden Optionen aufgezeigt, wie Arbeitgeber:innen bei der stufenweisen Wiedereingliederung unterstützen können.
Wichtig ist hier: Daten zur Krankheit sind vertraulich. Arbeitnehmer:innen sagen, was sie sagen möchten. Mehr nicht.
Mehr zum Thema Datenschutz im BEM finden Sie hier.
Stellen Arbeitnehmende und Arbeitgebende fest, dass das Hamburger Modell sinnvoll ist, kommt der nächste Schritt.
Fähigkeiten und Anforderungen abgleichen
Was können die Mitarbeitenden leisten? Was erfordert ihre Tätigkeit? Das sind die wesentlichen Fragen, um den Wiedereingliederungsplan in zielführende Stufen aufzuteilen.
Was Arbeitnehmer:innen aufgrund ihrer Krankheit leisten können und was nicht, loten sie gemeinsam mit einem Betriebsarzt oder dem behandelnden Arzt aus. Immer mit Blick darauf, dass sie einsatzfähig bleiben und sich nicht überlasten. Basis hierfür sind Berichte und Untersuchungen durch Arzt oder Ärztin.
Gleichzeitig sollten Arbeitgebende festhalten, welche Anforderungen es an die Arbeit der Betreffenden gibt – fachlich ebenso wie körperlich und sozial. Müssen sie sich stark konzentrieren? Besonders sorgfältig arbeiten? Im Team funktionieren?
Maßnahmen planen und umsetzen
Sind die Fähigkeiten und Anforderungen klar, werden sie gemeinsam abgeglichen, um sinnvolle Stufen zu planen.
Hier kann es helfen, den Arbeitsplatz zu besichtigen. Denn eventuell braucht es Hilfsmittel, etwa ein höhenverstellbarer Schreibtisch. Vielleicht auch zusätzliche Qualifikationen.
Wichtig: Reichen Sie den abgestimmten Wiedereingliederungsplan frühzeitig beim zuständigen Leistungsträger ein, um die Übernahme der Kosten zu klären.
Wiedereingliederung beginnen
Alles geplant, alles vorbereitet, jetzt geht es los. Nicht ganz. Unternehmen sollten vorab die Abteilung informieren, in die die Arbeitnehmer:innen nach längerer Krankheit zurückkehren.
Wie läuft die Maßnahme ab? Welche Aufgaben übernehmen die Mitarbeitenden? Das vermeidet überhöhte Erwartungen im Team, die schnell in Frust umschlagen können. Außerdem fördern Unternehmen so das Verständnis und die Hilfsbereitschaft im Kollegium.
Wichtig:
Während der stufenweisen Wiedereingliederung nach dem Muster des Hamburger Modells testen Arbeitnehmer:innen, was sie schaffen und wo sie Unterstützung brauchen. Die Genesung darf nicht behindert werden. Ein Arzt oder eine Ärztin prüft den Fortschritt vor jeder Stufe.
Wiedereingliederung abschließen
Am Ende der geglückten Maßnahme sind Mitarbeitende genesen, auf dem Leistungsstand vor dem längeren Ausfall und arbeiten in ihrer vertraglich geregelten Arbeitszeit. Idealerweise, denn durch schwere Unfälle oder Krankheiten kann es passieren, dass Arbeitnehmer:innen nur andere Tätigkeiten in anderem Umfang übernehmen können.
In jedem Fall sollten Unternehmen die Maßnahmen mit den Angestellten auswerten. Um Befindlichkeiten und eventuell unerfüllte Erwartungen zu klären und Prozesse zu optimieren.
Sie sollten wissen, dass der Erfolg des Hamburger Modells statistisch zwar hoch liegt, aber nicht garantiert ist. Gesundheitliche Rückfälle sind immer möglich. Doch wenn Sie den Schritten folgen, sind Ihre Mitarbeitenden und Sie auf einem Erfolg versprechenden Weg.
Schauen wir uns das Ganze praktisch an. Am fiktiven Beispiel der Erzieherin Susanne. Mit einem Muster für einen achtwöchigen Stufenplan, der Susanne nach längerer Krankheit in ihre reguläre 35-Stunden-Woche zurückbringt.
Muster für einen Wiedereingliederungsplan nach Hamburger Modell
Mit diesem Musterplan könnte Susanne über acht Wochen ihre tägliche Arbeitszeit erhöhen und ihre Belastbarkeit steigern.
- Woche 1 und 2: Susanne arbeitet täglich zwei Stunden. Sie liest vor, begleitet die Mahlzeiten und beaufsichtigt eine kleine Gruppe beim freien Spiel
- Woche 3 und 4: Susanne ist täglich vier Stunden in der Kita. Sie basteln und malt aktiv mit den Kindern, unterstützt in Ruhe- und Schlafzeiten, nimmt an kurzen Spaziergängen teil.
- Woche 5 und 6: Susanne arbeitet fünf Stunden pro Tag. Sie leitet Gruppenspiele an, gestaltet den Tagesablauf, nimmt an Eltern- und Teambesprechungen teil.
- Woche 7: Susannes tägliche Arbeitszeit beträgt sechs Stunden. Sie plant und führt Projekte gemeinsam mit anderen Mitarbeitenden durch, betreut die Kinder am gesamten Vormittag und am frühen Nachmittag.
- Woche 8: Susanne erfüllt ihren Vertrag und ist täglich sieben Stunden am Arbeitsplatz. Sie übernimmt alle Aufgaben im Alltag der Kita, plant und leitet eigene Projekte.
Wie gesagt, dieses Muster für einen Hamburger Modell-Stufenplan ist fiktiv. Möglich ist auch, dass Mitarbeitende mit zwei Arbeitstagen einsteigen. Und es kann weniger oder mehr als acht Wochen dauern, bis betroffene Personen nach längerer Krankheit an ihrem Arbeitsplatz eingegliedert sind.
Übrigens: Einige organisatorische Schritte können Sie sich zwar nicht sparen, aber erleichtern
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