Machen lange Arbeitszeiten krank?
Expert:innen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) haben in ihrer globalen Analyse zum Thema Arbeitszeiten und Gesundheitsrisiko herausgefunden, dass fast jede zehnte Arbeitskraft 55 Stunden oder sogar mehr arbeitet. Im Jahr 2016 seien nach Schätzungen rund 745 000 Arbeitnehmer:innen an Schlaganfällen und Herzerkrankungen gestorben. Ursächlich führen wird dies auf lange Arbeitszeiten zurückgeführt. Für die Analyse haben die Expert:innen der WHO und ILO Daten aus 2.300 Erhebungen aus über 150 Ländern und die Erkenntnisse aus knapp 60 Studien zusammengeführt.
Welche Auswirkungen haben lange Arbeitszeiten auf die Gesundheit?
Schätzungsweise sind im Jahr 2016 398000 Menschen an einem Schlaganfall und 347000 an einer Herzkrankheit gestorben. Dies sei das Resultat von zu langen wöchentlichen Arbeitszeiten (mind. 55 Arbeitsstunden pro Woche) so WHO und ILO. Die Todesfälle nach einer Herzkrankheit sind demnach zwischen dem Jahr 2000 und 2016 um 42% gestiegen. Todesfälle nach einem Schlaganfall sind im gleichen Zeitraum um 19% gestiegen. Die meisten Todesfälle sind im Alter von 60-79 Jahren zu verzeichnen. Die Personen haben laut der Analyse im Alter zwischen 45 und 74 mehr als 55 Stunden in der Woche gearbeitet.
Laut den Forscher:innen arbeiten fast neun Prozent der Weltbevölkerung 55 Stunden oder mehr pro Woche. Das Risiko, wegen zu langer Arbeitszeiten am Herz-Kreislauf-System zu erkranken, hätten vor allem Menschen im westpazifischen Raum und in Südostasien, aber auch in Afrika und in Südamerika – so Pega von der WHO. Grundsätzlich sei Überarbeitung durch zu lange Arbeitszeiten ein globales Problem.
Gesetzliche Vorschriften zu Arbeits- und Pausenzeiten
Grundsätzlich sind die Arbeitszeiten für Beschäftigte im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) geregelt. Dieses besagt, dass die werktägliche Höchstarbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten darf. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Im Arbeitszeitgesetz finden Sie weitere Regelungen zu Arbeitszeiten, Pausen und Ruhezeiten.
So schreiben die §§ 4 und 5 des ArbZG vor, dass Arbeitnehmer:innen die gesetzlich vorgeschriebenen Pausenzeiten einhalten müssen. Arbeitgeber:innen haben dafür ebenfalls Sorge zu tragen. Das Arbeitszeitgesetz unterscheidet dabei in Ruhepausen und Ruhezeit.
Ruhepausen bei langen Arbeitszeiten
Ruhepausen sind gesetzlich vorgeschriebene Pausen während einer zusammenhängenden Arbeitsschicht. Bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden gilt eine feststehende Ruhepause von mindestens 30 Minuten. Bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden ist die Arbeit für 45 Minuten zu pausieren. Länger als sechs Stunden hintereinander dürfen Arbeitnehmer:innen nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden.
Ruhezeit
Als Ruhezeit wird die Freizeit zwischen zwei Arbeitsschichten bezeichnet. Für Ruhezeiten schreibt das Arbeitszeitgesetz vor, dass die Mindestruhezeit nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit gem. § 5 Abs. 1 ArbZG 11 Stunden betragen muss.
§ 5 Abs. 2 ArbZG besagt hingegen, dass “die Dauer der Ruhezeit des Absatzes 1 kann in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen, in Gaststätten und anderen Einrichtungen zur Bewirtung und Beherbergung, in Verkehrsbetrieben, beim Rundfunk sowie in der Landwirtschaft und in der Tierhaltung um bis zu eine Stunde verkürzt werden, wenn jede Verkürzung der Ruhezeit innerhalb eines Kalendermonats oder innerhalb von vier Wochen durch Verlängerung einer anderen Ruhezeit auf mindestens zwölf Stunden ausgeglichen wird”.
Regelungen zu Arbeitszeiten an Sonn- und Feiertagen und abweichende Regelungen
Die Regelungen zu Arbeitszeiten an Sonn- und Feiertagen sind ferner im dritten Abschnitt des ArbZG (§§ 9 ff. ArbZG) festgehalten. Es gilt ein grundsätzliches Verbot der Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen. Abweichungen sind jedoch bei Gewährung von Ersatzruhetagen bei zulässiger Sonn- und Feiertagsbeschäftigung möglich. Hierzu gibt es viele Ausnahmen, die ebenfalls im dritten Abschnitt des ArbZG geregelt sind.
Im Zuge der Corona-Krise wurde unter anderem ein Ausnahmetatbestand in § 14 ArbZG geschaffen. Hier wurde in Absatz 4 vorübergehend bis zum 30. Juni 2020 geregelt, dass für Beschäftigte in den systemrelevanten Berufen, während der Corona-Krise eine Höchstarbeitszeit von 12 Stunden zulässig wäre. Dieser Artikel ist jedoch wieder aufgehoben worden. Ein erneutes Inkrafttreten im Zuge der Pandemie ist jedoch nicht ausgeschlossen.
Was können Arbeitgeber:innen für Ihre Beschäftigten tun?
Für die meisten Arbeitnehmer:innen ist es normal von montags bis freitags 40 Stunden zu arbeiten, die meisten arbeiten jedoch noch mehr. Doch diese Arbeitsweise wird in manchen Berufszweigen schon durch innovativere Arbeitszeitmodelle ersetzt. Auch bei Start-Ups findet man vermehrt Modelle, die vom klassischen 9 to 5 Job abweichen. Vielmehr wird auf Vertrauensarbeit und flexible Arbeitszeiten gesetzt. Nacht- und Schichtarbeit sind in diesem Kontext eher als kritisch zu betrachten und es gelten teilweise abweichende Regelungen, die in den §§ 6 und 7 des ArbZG festgehalten sind.
Solange Arbeitgeber:innen sich an die grundsätzlichen Regelungen des Arbeitszeitgesetz halten, kann auch von klassischen Modellen abgewichen werden.
Flexible Arbeitszeitmodelle zur Verbesserung der Work-Life-Balance
Der Begriff Work-Life-Balance stammt aus dem Englischen und beschreibt das gesunde Gleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben. Doch führen flexible Arbeitszeitmodelle tatsächlich zu einer Verbesserung der Work-Life-Balance?
Vollzeit, Teilzeit, Gleitzeit, Jobsharing oder Vertrauensarbeitszeit sind die wohl bekanntesten Arbeitszeitmodelle. Seit der Corona-Pandemie steht auch immer wieder die Diskussion im Raum die Homeoffice-Pflicht einzuführen. Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) hat sich nun gegen ein generelles Recht auf Homeoffice ausgesprochen. In der Corona-Arbeitschutzverordnung werden Arbeitgeber:innen jedoch dazu verpflichtet Arbeitnehmer:innen Homeoffice-Arbeit anzubieten, sofern es keine zwingenden betrieblichen Gründe gibt.
Es steht jedoch fest, dass Remote-Working und Homeoffice sich in vielen Unternehmen schon durchgesetzt haben und Arbeitgeber:innen diese Form der Arbeit für Mitarbeitende möglich machen. Denn gerade mit dem Hintergrund das Infektionsgeschehen so gering wie möglich zu halten, aber auch gleichzeitig Arbeit, Homeschooling, Kinderbetreuung und das Privatleben zu managen bietet das Homeoffice einige Vor- sowie Nachteile für Angestellte.
Es habe sich im Zuge der Pandemie allerdings durch eine erhebliche Veränderung der Arbeitswelt das Gesundheitsrisiko vieler erhöht. Durch vermehrte Homeoffice-Arbeit würden die Grenzen zwischen dem, was Arbeitszeit und was Zeit mit der Familie und auch Entspannungszeit sei, verschwimmen, so Pega von der WHO. Erfahren Sie in unserem Artikel zu Homeoffice-Arbeit und welche Regeln zu Pausenzeiten auch dort greifen.
Vor- und Nachteile verkürzter Arbeitszeiten
Lange Arbeitszeiten bringen also nachweislich ein höheres Gesundheitsrisiko mit sich. Nicht nur Herzkrankheiten und Schlaganfälle werden durch lange Arbeitszeiten begünstigt, sondern auch das Risiko einen Burnout zu erleiden oder Schlafstörungen zu entwickeln. Verkürzte Arbeitszeiten sollen das Gesundheitsrisiko also senken. Doch eine verbesserte Work-Life-Balance bringt noch weitere Vorteile für Arbeitgeber:innen und Beschäftigte:
- Eine höhere Motivation und Produktivität der Mitarbeiter
- Eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit und gleichzeitig Mitarbeiterbindung
- Kostenersparnisse durch weniger Fehlzeiten
- Ein gesundes und harmonisches Arbeitsklima
Welche Möglichkeiten bietet Saneware um die Gesundheit von Beschäftigten zu fördern?
Die Fehlzeiten-Analyse ist ein wichtiges Instrument des Betrieblichen Gesundheitsmanagements. Denn, wer die Ursachen für die Fehlzeiten in seinem Unternehmen kennt, kann durch entsprechende Maßnahmen systematisch für die Gesundheit der Mitarbeiter:innen sorgen.
Mit der Saneware Software behalten sie daher jederzeit die wichtigsten Kennzahlen in Echtzeit im Blick. Fehlzeiten werden täglich importiert und nach gewünschten Merkmalen wie Geschlecht, Kostenstelle oder Standort visuell ansprechend für Sie dargestellt.
Mit dem Produkt „Saneware -BGM“ bieten wir Ihnen eine browserbasierte, smarte und moderne Software zur Umsetzung des gesamten Betrieblichen Gesundheitsmanagements in Ihrem Unternehmen an.
Bei Fragen rund um das Thema BGM, von der Beratung bis zur Implementierung stehen unsere Fachexperten Ihnen gerne zur Verfügung.